Netflix: Innovative Personalisierung durch Algorithmen

Der Streamingmarkt ist groß und hart umkämpft. Insbesondere junge Menschen nutzen Streamingdienste, vermehrt auch als Ersatz für lineares Fernsehen. Wir wollen uns im Folgenden etwas mit der fortschreitenden Individualisierung der Angebote im Streaming-Bereich am Beispiel der Artwork Personalisierung von Netflix beschäftigen. Kein brandaktuelles Thema, der entsprechende Blogpost auf dem übrigens äußerst empfehlenswerten unternehmensinternen Tech Blog, datiert mit dem 7. Dezember 2017; trotzdem eine spannende Geschichte, die das Gefühl des auf den einzelnen Nutzer zugeschnittenen Angebotes weiter abrundet.

Der Netflix Algorithmus

Wie der ein oder andere vielleicht schon weiß, ist es kein Zufall, wenn man auf der Netflix Startseite größtenteils Dinge entdeckt, von denen man sich schon vorstellen könnte, sie auch tatsächlich anzusehen. Oder, dass sich der unbekannte, aber vorgeschlagene Titel erstaunlich gut mit den eigenen Interessen deckt und das so gut, dass Netflix den Wert des eigenen Vorschlagsystems mal auf eine Milliarde US-Dollar pro Jahr geschätzt hat. Der allgemeine Ansatz von Netflix unterscheidet sich dabei nicht groß von anderen Streaminganbietern, beispielsweise Amazon Prime. Die Vorschläge basieren auf sogenannten „Recommendation Engines”, Modellen, die basierend auf historischem Konsum und vergleichbaren Nutzern Titel vorschlagen. Durch die Masse an Nutzern und die große Bandbreite an Titeln haben die dahinterliegenden Algorithmen genug Futter, um in den meisten Fällen qualifizierte Vorschläge abgeben zu können. Vergleichbare Systeme kommen unter anderem auch in den „Das könnte Sie auch noch interessieren“-Sektionen von Onlineshops zum Einsatz. Natürlich sind diese Systeme eigentlich deutlich zu komplex, um sie hier in ein paar Worten voll umfänglich und verständlich zu erklären. Der Grundgedanke sollte aber klar geworden sein.

Personalisierte Artworks

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte – ein altes Sprichwort und in unserem Fall ein sehr passendes dazu. Denn oft entscheidet doch der erste, visuelle Eindruck darüber, ob uns etwas gefällt oder nicht. Wer hat in unseren stressigen Zeiten denn noch Zeit und Lust, sich durch Beschreibungstexte und Trailer zu arbeiten, bevor man sich für einen Film oder eine Serie entscheidet? Das dachten sich zumindest die findigen Köpfe bei Netflix und machten sich daran, eine Möglichkeit zu entwickeln, jedem Nutzer ein möglichst optimales Vorschaubild für die vorgeschlagenen Titel bereitzustellen. Immer mit dem Hintergedanken, für jeden Nutzer die jeweils relevanten Aspekte möglichst gut herauszuarbeiten.

Ohne auf die Einzelheiten des Modells eingehen zu wollen (Grundlage ist ein kontextuelles Multi-Armed Bandit System, eine fast schon klassische Form des bestärkenden Lernens), kann man sich das gewünschte Ergebnis in Kurzform ungefähr so vorstellen: Wenn ein Nutzer sich in der Vergangenheit vor allem für ein bestimmtes Genre oder eine(n) bestimmten Schauspieler(in) interessiert hat, sucht das System für die vorgeschlagenen Titel ein Artwork aus, das am besten auf die Vorlieben passt. Fans von Uma Thurman werden sie auf dem Vorschaubild zu Pulp Fiction finden, Fans von Grease oder John Travolta im Allgemeinen werden eher diesen entdecken.

Für Nutzer, die sich vor allem für Actionkomödien interessieren, bietet sich das Porträt von Will Smith für die Netflix-Eigenproduktion „Bright“ an, Fantasy Liebhaber werden wahrscheinlich eher von Orks oder einer der anderen im Film vorkommenden Fabelwesen angesprochen. Die Entstehungsgeschichte eben jenes Filmes ist noch eine ganz eigene Geschichte, die an dieser Stelle nicht ausgerollt werden soll. Für tiefere Einblicke in das Modell und seine technischen Details sei an dieser Stelle nochmals der originale Blogpost empfohlen.

Wirkung und Erfolg? Weitgehend unbekannt

Okay, witzige Idee, das mit der persönlichen Ansprache über die Artworks. Ein bisschen merkwürdig vielleicht, dass man als glühender Anhänger von Clown-Filmen wahrscheinlich jeden noch so kurzen Auftritt eines Clowns in einem Film als Artwork präsentiert bekommen würde, aber wahrscheinlich möchte man genau das, wenn man sich mal aktiv für Clowns entschieden hat. Erfolgsquoten dieses Ansatzes sind schwierig zu messen und daher größtenteils unbekannt; letztendlich ist es dann doch nicht nur der erste visuelle Eindruck, der Menschen eine Konsumentscheidung treffen lässt.

Trotzdem ist es ein weiterer Schritt hin zur Personalisierung des Medienangebotes und ein interessanter Anwendungsfall von Machine Learning. Man darf gespannt sein.