Provokant: Die Hirschen werben für schwules Rugbyteam
Für den Zeitraum von drei Wochen finden die Pride Weeks statt, bei denen unzählige Menschen durch die Berliner Straßen ziehen und die LGBT-Gemeinde feiern. Die Veranstaltung setzt ein Zeichen für Toleranz und Gleichberechtigung. Deutschlands erstes Rugbyteam, das ausschließlich aus homosexuellen Männern besteht, die Berlin Bruisers, nimmt die Pride Week zum Anlass, um sich mit Unterstützung der Agentur Zum goldenen Hirschen ebenfalls ins Rampenlicht zu stellen – in durchaus provokanter Manier.
Die Guerilla-Kampagne mit Motiven, die in den sozialen Netzwerken ausgespielt werden, kommt als „Face-to-Face“-Offensive daher. Die Spieler der Berlin Bruisers sind auf den Motiven in Nahaufnahme abgebildet. So weit, so gut. Provokant sind die Headlines, die quer über die Gesichter der Spieler gelegt sind. So finden sich auf den Kampagnenmotiven Sätze wie: „Ich bin ein Cock Lover“, „Ich bin ein Gender Bender“ oder „Ich bin ein Dirty Bastard“. Besonders aufsehenerregend ist vor allem die Headline: „Ich bin ein Arschf*cker“. Das Layout der Motive ist jedoch so gestaltet, dass ebenfalls „Ich bin ein Berlin Bruiser“ zu lesen ist. So soll die Kampagne aufzeigen, dass die sexuelle Orientierung keine Rolle beim Rugby spielt.
Vorurteile entkräften
Laut den Berlin Bruisers soll die Kampagne Vorurteile abbauen, mehr Sichtbarkeit auf die LGBT-Community lenken und gleichermaßen Diversität abbilden. Darüber hinaus möchte das Team auch neue Mitglieder anwerben, die ebenfalls für deren Werte einstehen. Deshalb ist das Rugbyteam auch mit einem eigenen Stand auf den Pride Weeks vertreten. Viel Aufmerksamkeit dürfte die gemeinsame Arbeit mit den Hirschen definitiv erzeugt haben. Insofern werden sicher einige Mitgliederanmeldungen am Stand der Bruisers eingehen.
Mitbegründer der Berlin Bruisers, Adam Wide, sagt zur Kampagne: „Während sich in anderen Sportarten homosexuelle Spielerinnen und Spieler in der Kabine verstecken müssen, positioniert sich das Team der Berlin Bruisers unter dem Motto ‚Fight for being you‘ ganz klar gegen Vorurteile, Ausgrenzung, Stereotypen und Homophobie“. Auch Felix Franz Vogler, Geschäftsführer von Zum goldenen Hirschen Berlin, steht hinter der kontroversen Kampagne: „Selbstverständlich unterstützen wir die Berlin Bruisers bei ihrer Mission. Denn seien wir doch mal ehrlich: Diversity ist auch in unserer Branche ein Thema, bei dem wir alle noch dazulernen müssen!“
Die Kampagne polarisiert
Blickt man in die Kommentarsektion der Facebook-Seite von Zum goldenen Hirschen, sieht sich die Agentur mit teils harschem Feedback konfrontiert: „Geschmacklos“, „einfallslos“ oder „niveaulos“ sind noch nette Formulierungen, die sich die Hirschen anhören müssen. Die Berlin Bruisers selbst melden sich dort ebenfalls zu Wort: „It’s been a joy to work with Zum goldenen Hirschen on this to increase our visibility and membership and I have to say we are delighted! The response from the LBGTQ+ community and supporters has been overwhelmingly supportive“, schreibt die Rugbymannschaft unter den Kampagnen-Post der Hirschen.
Kann man das machen?
In jedem Fall haben die Bruisers und Zum goldenen Hirschen eines geschafft: sie sind im Gespräch. Die Kampagne ist ein erster kommunikativer Aufschlag, dem weitere Maßnahmen folgen sollen.
Ob nun die kontroversen Headlines ausschließlich positive Gefühle beim Betrachter auslösen, wagen wir an dieser Stelle zu bezweifeln. Schließlich stellt sich die Frage, ob Marketer durch eine Wortwahl wie „Ich bin ein Arschf*cker“ wirklich zum Nachdenken anregen und für mehr Toleranz werben oder der LGBT+ Community doch eher einen ungewollten Stempel aufdrücken, nämlich, dass Schwule, Lesben, Bisexuelle oder Transgender auf sexuelle Aktivitäten reduzierbar sind. In jedem Fall ist die Kampagne ein Drahtseilakt knapp unterhalb der Niveau-Limbostange und spaltet die Geister.