Media-Bartering: Waren gegen Werbung
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten kürzen Unternehmen als Erstes bei den Werbeausgaben. Wenn diese allerdings gar nicht klassisch bezahlt werden muss, sondern gegen überschüssige Waren eingetauscht kann, braucht die Werbung nicht runtergefahren werden. Media-Bartering nennen sich solch kreative wie lohnende Tauschgeschäfte, die nicht nur in Zeiten sinkender Werbebudgets Sinn machen. Auch Unternehmen, die ihr Media-Budget stoßweise signifikant erhöhen möchten, fahren gut mit diesem Tauschmarktsystem. Und erschließen nebenbei noch neue Vertriebswege.
Media-Bartering in Deutschland
In Deutschland gibt es ungefähr ein halbes Dutzend Agenturen mit diesem Geschäftsmodell. Die Wiesbadener XLS Media Group, nach eigenen Angaben Marktführer in diesem Bereich, erwirtschaftet mit Media-Bartering einen Jahresumsatz im zweistelligen Millionenbereich. Dafür braucht es allerdings mehr, als im klassischen Agenturgeschäft gut aufgestellt zu sein. Und zwar Kreativität, starke Nerven und ein gutes Netzwerk. Die ersten beiden Qualitäten, weil meistens auf die Schnelle alternative Vertriebskanäle gefunden werden müssen, die vom Unternehmen selbst noch nicht ausgeschöpft wurden. Letzteres, um sich über das Jahr günstige Werbeplätze zu sichern. Diese Werbeplätze im TV- und Printbereich sowie Out-of-Home und Online kaufen die Agenturen nämlich ein. Insbesondere im TV und Online-Bereich sind Restplätze oftmals günstig zu haben.
Ungewohnte Absatzkanäle für Überschüsse und Ladenhüter
Gehandelt werden in erster Linie Waren aus Produktionsüberhängen, Vorjahresgeräte oder Saisonartikel. Die Unternehmen zeigen sich im Preis kulant, weil ihnen die Ware die Lager verstopft und sonst abgeschrieben werden müssten. Denn Preissenkungen sind in der Regel keine Lösung, da schlecht fürs Markenimage. Auch zusätzliche Verkaufsförderungsmaßnahmen locker zu machen, macht oft keinen Sinn. Beispielsweise bei Produkten der Lebensmittelbranche mit geringem Haltbarkeitsdatum. Nach Abschluss des Tauschhandels werden die getauschten Produkte wieder verkauft. Wichtig für den Weiterverkauf ist, dem klassischen Handel keine Konkurrenz zu machen. Die Recherche ungewohnter Absatzkanäle ist deshalb ein Muss.
Win-win für alle
So wie es die Kölner Agentur Rheinkontor Media getan hat, die aufgrund eines Deals mit der Molkerei Ehrmann Tausende Joghurtbecher aus einer Überproduktion verkaufen musste – ohne die Vertriebswege und Preise von Ehrmann zu torpedieren. Die Agentur hat Kontakte zu Caterern, die kurzfristig große Mengen von Milchprodukten abnehmen können und diese an Großküchen, Krankenhäuser oder Flüchtlingsheime liefern. So konnte Rheinkontor die Überschusswaren kapitalisieren und der Molkerei mit regelmäßigem Produktionsüberhang dafür im Gegenzug eine schöne Plakatkampagne für die Bewerbung einer Sommersorte ermöglichen.
Von den USA via Deutschland in die Schweiz
Gemeinsam mit Rheinkontor machte sich die Zürcher Agentur Limmatkontor vor ein paar Jahren daran, den Schweizer Markt aufzurollen. Die Agentur übernimmt in der Regel abschreibungsbedrohte Produkte und bietet ihren Kunden im Gegenzug ein bis zu zwei Jahre gültiges Guthaben, welches für die Bezahlung von Werbung oder Druck verwendet werden kann. Das Geschäftsmodell Media-Bartering kommt übrigens aus den USA, wo es bereits seit vielen Jahren unter dem Namen „Corporate Trading“ Erfolge feiert. Es ist eine Weiterentwicklung der in der Branche üblichen Barter-Deals, bei denen zumeist Medialeistung mit Medialeistung verrechnet wird.