Likes sind wichtiger als Liebe?
Dass Smartphones einen negativen Einfluss auf das soziale Miteinander haben, ist schon lange belegt. Nun sind gleich drei neue Umfragen aufgepoppt, die den Einfluss von Smartphones auf das Beziehungsleben beziehungsweise das Leben der Generation Z beleuchten (oder auch Generation C, frei nach „Community, Connection, Creation und Content“, deren Zugehörigkeit sich nicht über das Geburtsjahr, sondern über den Lifestyle definiert). Doch egal in welchem Lebensalter: Das Liebesleben von Smartphone-Besitzern gibt großen Anlass zur Sorge.
So kommt eine Studie der Singlebörse ElitePartner zu dem Schluss, dass Smartphones das Potenzial haben, Beziehungen zu zerstören. In der bevölkerungs-repräsentativen Studie wurden knapp 12.000 erwachsene deutsche Internetnutzer gefragt, wie sich Smartphones und soziale Medien auf ihre Beziehung auswirken. Mehr als jedes vierte Paar gab zu, sich in der Beziehung weniger zu unterhalten, weil beide zu viel aufs Smartphone schauen. Klar, wer auf sein Handy starrt, kann weder seinem Seelenverwandten tief in die Augen sehen, noch anständig flirten.
Fremdliken gibt Zoff
Was auch auf der Strecke bleibt: miteinander intim werden. Ein Umstand, der auch dadurch erschwert wird, dass es in jeder zehnten Beziehung häufig kracht, weil der Partner zu viel Zeit mit dem Smartphone verbringt. Auch wenn es Paare geben soll, die Streit durch den Beischlaf beenden, wird das Weglegen des Handys wohl kaum wilde Versöhnungsromantik nach sich ziehen. So belegt die ElitePartner-Studie, dass sich immerhin acht Prozent der Paare bewusst sind, dass sich die mobilen Geräte negativ auf ihr Intimleben auswirken. Die Dunkelziffer dürfte um einiges höher liegen, schätzt ElitePartner. Auch bei den unter 30-Jährigen führt das Handy, beziehungsweise die Social-Media-Nutzung, zu Zoff: Mehr als jedes siebte Paar hat sich schon gestritten, weil der Partner Bilder von anderen Männern oder Frauen geliked hat. Und dann funkt auch noch Siri dazwischen und liest versehentlich private Nachrichten trotz Sperrmodus vor. Auweia, es sieht nicht gut aus für die Liebe in Zeiten des Smartphones.
Ohne dich will ich nicht sein
Solche Erkenntnisse müssten Liebende eigentlich wachrütteln. Doch selbst wenn das passieren sollte, kommen sie offenbar nicht los von ihrem mobilen Lieblingsbegleiter. So wie die Generation Z, die nur noch mit ihren Eltern in Urlaub fährt, wenn die Ferienunterkunft über WLAN verfügt. Bei den unter 18-Jährigen kommt auch noch ein fieser Verdacht auf: Sie kennen es gar nicht mehr anders! Das wäscht sie einerseits rein, macht es im Ergebnis aber auch nicht besser. So öffnet jeder Zweite der 500 befragten 14 bis 18-Jährigen der elbdudler Jugendstudie 2018 direkt nach dem Aufstehen WhatsApp, fast ein Viertel Snapchat. Dass sie dabei zärtlich „Guten Morgen, Schatz“ flüstern ist zwar nicht überliefert, würde aber nicht weiter verwundern. So können sich 84 Prozent der befragten Jugendlichen einen Alltag ohne WhatsApp nicht vorstellen. „Ohne dich will ich nicht sein“. Waren derartige Liebesbekundungen in der Generation davor nicht noch Frischverliebten vorbehalten? Jedenfalls möchte der überwiegende Teil der User nicht auf WhatsApp, YouTube, Snapchat oder Instagram verzichten.
Besser als Matratzensport?
Da wundert es auch nicht, dass ein Fünftel der Tausend, im Auftrag des Jugendportals NOIZZ befragten, urbanen Hippster zwischen 16 und 39 Jahren schonungslos zugibt, ein Like besser zu finden als ein Kompliment des Partners. Warum Letztere überhaupt noch bei derartigen Beziehungsrüpeln bleiben, bleibt ein Rätsel. Wahrscheinlich, weil sie Likes ebenfalls geiler finden als Komplimente. Unter Umständen sogar geiler als den Liebesakt. Oder sind Likes vielleicht sogar der neue Geschlechtsverkehr?
Auch wenn der Generation C laut Eigenaussage der Horizontalsport wichtiger ist als Ruhm, steht er im Ranking der NOIZZ-Umfrage erst nach Reichtum beziehungsweise finanzieller Unabhängigkeit – und nach gesunder Ernährung! Verstehe noch einer die Jugend. Aber damals gab’s ja auch noch keine Smartphones.
Guten Morgen, Alexa-Schatz
Viel eher klingt das nach einer Generation, die ihren Nachwuchs Siri oder Marcel Davis nennen wird – wenn es überhaupt dazu kommt. Denn die Voraussetzung für Nachwuchs ist ja (zumindest noch) Beischlaf und kein wildes Rumliken. Doch vielleicht werden Schülerinnen im Biologie-Unterricht schon bald fragen, ob man von 30.000 Insta-Likes nicht vielleicht doch ein bisschen schwanger werden kann anstatt nur reich? Oder warum man sich bei derartigem virtuellem Zuspruch überhaupt noch realen Beziehungsstress antun sollte, wenn der Partner schon bei einem falschen Like an die Decke geht.
Vielleicht ist dann eine Beziehung mit einem Roboter viel attraktiver. Einer der nicht rumzickt, sondern Komplimente in Form von Likes versendet. In einer Studie von Edison Research gaben jüngst jedenfalls satte 61 Prozent der Sprachassistenten-Besitzer an, durch Alexa und Co. hätten sie das Gefühl, jemanden zum Reden daheim zu haben. Ist wahrscheinlich auch nur noch eine Frage der Zeit, bis der Gesetzgeber eingetragene Lebenspartnerschaften mit Alexa oder WhatsApp erlaubt. Bis dahin steht dann hoffentlich schon die Aufklärungskampagne über virtuell übertragbare Viren bei ungeschütztem Datenverkehr.