Konsument:innen bevorzugen Brands mit Purpose
Haltung statt Herumeiern – das wünschen sich Verbraucher von Unternehmen und Marken, wenn es um die klare Positionierung bei sozialen und politischen Themen geht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Meinungsforscher von YouGov. Der zufolge stimmen insgesamt 66 Prozent der Befragten eher oder sehr zu, dass Marken sich selbst keinen Maulkorb verpassen oder anlegen lassen und ihre Meinung zu einem Thema ausdrücken sollten.
Entsprechende Stellungnahmen zu gesellschaftlichen Themen sollten in den Augen der Konsumenten seitens der Brands klar und transparent kommuniziert werden. Das zumindest ist mehr als der Hälfte, nämlich 54 Prozent, der von YouGov Befragten wichtig. Andererseits ist es aber auch genau ein Drittel, das klare Positionen von Brands und Unternehmen eher nicht oder gar nicht als wichtig erachtet.
Standpunkte haben, Engagement zeigen
Noch beliebter als lippenbekennende Brands sind Marken, die über Worte hinaus auch die Bereitschaft zeigen, gesellschaftliche Fragen konkret anzugehen. Zwei Drittel der Umfrageteilnehmer findet das nämlich gut bis sehr gut. Und doch gibt es auch Konsumenten, die sich – zu fast einem Viertel – eher Marken wünschen, die von gesellschaftlichen Fragen lieber die Finger lassen sollten.
Die Schnittmenge aus einerseits haltungsaffinen Verbrauchern und andererseits Brands, die vor Haltungskampagnen nicht zurückschrecken, ist indes beachtlich. Denn immerhin mehr als die Hälfte der haltungskritischen Konsumenten legt großen Wert auf ein perfektes Matching zwischen den eigenen ethischen Ansprüchen und denen der Produkte und erwartet zudem, dass Werbeanzeigen auch und vor allem Entertainment sind. Damit liegt diese (Ziel-)Gruppe über dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung.
Unbedingt Umweltfragen thematisieren
Dass sich eine Mehrheit von Unternehmen und (deren) Brands wünscht, dass diese Haltung zeigen und bei wichtigen sozialen sowie politischen Fragen nicht herumeiern, belegen die Ergebnisse der Studie. Doch, welche Themen genau sollten seitens der Marketer von Unternehmen aufgegriffen und welche eher mit sehr spitzen Fingern angepackt werden?
Auch darauf hat die YouGov-Umfrage Antworten: Ganz oben auf der Liste der Themen, die sich Konsumenten auf der Kommunikationsagenda ihrer Brands wünschen, stehen Fragen zum Umweltschutz. Fast jeder vierte will dieses Thema in den Kommunikationsmitteln „seiner“ Marke sehen.
Rund ein Drittel wünscht sich, dass Marken Menschenrechte und Tierquälerei thematisieren. Etwas mehr als ein Fünftel sieht das Thema Bildung als eine zentrale Botschaft, die Brands senden sollten. 20 Prozent wiederum wünschen sich, dass sich Marken mehr auf lokale Probleme konzentrieren.
Im Mittelfeld des Standpunkte-Standings steht mit dem Thema Einwanderung ein Bereich, der per se ein enormes Polarisierungspotenzial aufweist und vielleicht auch deswegen – oder leider deswegen – nur von gut einem Siebtel der Befragten als akzeptable Agenda für Unternehmen betrachtet wird. Selbiges gilt für die Ausrichtung auf dedizierte geografische Regionen oder auch für die Konzentration auf eine bestimmte Sportmannschaft.
Weniger beliebt, weil wahrscheinlich zu brisant oder auch zu riskant und voller vermeintlicher Fallstricke und Fettnäpfchen, sind genderspezifische Fragen oder auch Fragen zu LGBT-Rechten und zur Religion. Marketing-Messages zu einem entsprechenden Engagement sollten also eher nicht über die unterschiedlichen Kanäle der Marken kommuniziert werden. Das gilt übrigens auch und in besonderem Maße für die Unterstützung einer bestimmten politischen Partei.
Und wenn Unternehmen und Marken sich zu Fragen der Umweltpolitik positionieren, dann würde das seitens der Verbraucher am ehesten toleriert werden, wenn es Namen wie Amazon, Esprit, Edeka, dm, PayPal oder die Deutsche Post täten. Ob nun, um ihr in Umweltfragen negatives Image zu polieren oder um ihre gute Umweltagenda zu propagieren, sagt die Studie leider nicht.
Wirkliche Haltung statt Purpose -Deckmantel
Dass Brands eine über das Marketing kommunizierte Haltung zu gesellschaftlichen und politischen Themen eher als Trittbrett-Mitfahrmöglichkeit für mehr Absatz und Awareness nutzen und weniger wirklich leben – darüber sind sich die Befragten zu 54 Prozent einig. Immerhin aber noch 37 Prozent kaufen den Marken ihr uneigennütziges soziales und politisches Engagement ab.
Je jünger die Konsumenten sind, desto weniger Skepsis hegen sie in Bezug darauf, dass Marken nur pro forma auf Verantwortung und Haltung machen und in jedem Engagement vor allem die Möglichkeiten für Zielgruppenmarketing und Green-Washing sehen. Je älter andererseits die Verbraucher sind, desto mehr Misstrauen haben sie den Brand Purposes von Marken und Unternehmen gegenüber.
Wann die Kaufbereitschaft der Konsumenten kippt
Wenn Unternehmen sich und ihre Brands in sozialen sowie politischen Fragen klar positionieren, rücken diese Haltungskoordinaten automatisch in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Die Folgen können ein „Beschuss“ oder auch ein positives Befeuern von Image und Absatz sein.
Und tatsächlich sind es zwar 58 Prozent der befragten Verbraucher, die eine Marke boykottieren würden, wenn diese nicht konform zu den eigenen Ansichten kommuniziert. Andererseits ist der Pull-Effekt bei positiver Resonanz um zehn Zähler stärker. Denn 68 Prozent würden eher zu einer Marke tendieren, die ähnliche Ansichten vertritt wie die eigenen.