Die Online-Tendenzen chinesischer Teenager
Dass China in Sachen Online ein bedeutender Markt ist, ist kein Geheimnis. Chinas Onliner nehmen in jedem Fall einen wirklich gewaltigen Raum ein: 772 Millionen Bürger der Volksrepublik nutzen das Internet, 777 Millionen besitzen oder nutzen ein Smartphone und gigantische 753 Millionen Chinesen gehen mobil online.
Eine Studie der Chinese Academy of Social Sciences (CASS), die jüngst von der South China Morning Post vorgestellt wurde, beleuchtet das Online-Verhalten in der Volksrepublik nun speziell von einer anderen, jüngeren Perspektive aus. Es geht um Chinas Schulkinder und Teenager und darum, welche Social Media, Messenger und Online-Medien sie mit welcher Häufigkeit und über welches Endgerät nutzen.
Eines lässt sich bereits zu Beginn festhalten: Die chinesische Generation Z unterscheidet sich in Sachen Medienkonsum kaum von den Teens in der westlichen Hemisphäre. Denn auch für sie ist das Smartphone das Endgerät der ersten Wahl. Über 90 Prozent der chinesischen Jungen und Mädchen bis 18 Jahre gehen vorwiegend über ihre intelligenten Handys online. Zudem besitzen 68 Prozent der Kinder unter 10 Jahren ihr eigenes Smartphone. Im Jahre 2010 waren das noch nur 56 Prozent. 64 Prozent der chinesischen Grundschulkinder schließlich nennen ein Smartphone ihr Eigen.
QQ und WeChat selbst während des Unterrichts
Was die Kids und Teens mit ihren Smartphones so machen? Einige nutzen es tatsächlich, um online ihren Bildungshunger zu stillen. Für die Mehrheit jedoch ist das Smartphone das Tor zu Musik-Streaming-Diensten, Instant Messengern wie QQ und zu Chat-Apps wie eben WeChat. Beide stammen übrigens aus dem Hause Tencent, einem der drei Global Player in China. Dass dieser Medien-Gigant so groß ist, erklärt sich auch aus den enormen Wachstumsraten der User seiner Dienste. Fast 85 Prozent der chinesischen Teenager nutzen WeChat. Vor fünf Jahren waren es hingegen nur 48 Prozent. Und doch fühlen sich die Jungen und Mädchen immer noch beim Instant Messenger QQ wohler – und das tatsächlich auch während der Schulzeit und der Hausaufgaben. Fast ein Drittel der befragten Kids und Teens gab nämlich klammheimlich zu, ihre Smartphones während des Unterrichts und bei den Hausaufgaben zu nutzen. Wahrscheinlich weniger, um Formeln oder Grammatikregeln nachzuschlagen.
Eine weitere interessante Erkenntnis über das Online-Verhalten chinesischer Teenager liefert die Beobachtung, dass Kids, die ein weniger gutes Verhältnis zu ihren Eltern haben, zu 48 Prozent mobil online gehen. Teens hingegen, die angaben, ein eher gutes und enges Verhältnis zu Mama und Papa zu pflegen, nutzen nur zu 39 Prozent den mobilen Internetzugang. Für sie, wie für sicher die meisten Teenager und Kinder auf der Welt, bedeutet der Zugang zu Social Media vor allem eine eigene Art des Ausdrucks ihrer Gefühle und Interessen zu haben, sich mit Gleichaltrigen und Gleichgesinnten austauschen zu können, sich damit weniger einsam und unverstanden zu fühlen.
Chinesisches Bildungsministerium steuert dagegen
Die von der Chinese Academy of Social Sciences gewonnenen Einsichten in das Online- und Social-Media-Verhalten chinesischer Kinder und Jugendlicher werden das dortige Bildungsministerium wohl zusätzlich in seiner Aufforderung bestärken, vor allem die Kids weg von den Smartphone-Screens und hinaus in Freie zum Spielen zu schicken. Denn mit über 450 Millionen Chinesen ist gut ein Drittel der Bevölkerung kurzsichtig. Immer mehr Kinder sind zu dick und die schulischen Leistungen scheinen unter der zunehmenden Online-Zeit zu leiden. Das alles sei vor allem der Tatsache geschuldet, dass die Kids immer länger und häufiger auf ihre Smartphones schauen – und, wie wir gelernt haben, chatten und Nachrichten schicken anstatt zu lernen.
Außerdem – und diese Nachricht versetzte der Aktie von Tencent einen spürbaren Drall nach unten – will das chinesische Bildungsministerium erreichen, dass die Zahl neu auf den Markt kommender elektronischer Spiele ebenso begrenzt wird wie die Zeit, die die Kids beim Online-Zocken verbringen. Tencent ist mit einem Anteil von über 40 Prozent des chinesischen Videospielmarktes, mit Beteiligungen an Activision und Epic Games, als Herausgeber von u.a. League of Legends und als Macher von Arena of Valor mit aktuell mehr als 200 Millionen Usern, die unangefochtene Nummer 1 in diesem Segment und hatte bereits im Frühjahr präventive Eigeninitiative ergriffen. Der Medien-Riese brachte einen Spielzeit-Vertrag ins Spiel, der zwischen Eltern und Kindern geschlossen werden und beim Festlegen der Spielzeiten helfen soll.
Wenn nämlich die Kids ordentlich lernen, auch mal draußen spielen und im Haushalt helfen, bekommen sie zur Belohnung zusätzliche Zeit zum Zocken. Doch scheinbar konnte dieser Vorstoß die chinesischen Behörden nicht wirklich besänftigen.